Urheberrecht in der Musik
Streitfall Sampling: Vor dem Bundesverfassungsgericht verhandeln Kraftwerk vs. Moses Pelham
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Der Sitzungssaal des Bundesverfassungsgerichts ist eine eher ungewoehnliche Buehne fuer HipHop-Produzent Moses Pehlham und Ralf Huetter von Kraftwerk. © Erol Pohlreich (CC BY-ND 2.0)
Es geht um die Rhythmussequenz von zwei Sekunden, die der Produzent Moses Pelham von dem Titel "Metall auf Metall" von Kraftwerk aus dem Jahr 1977 entnahm und dem von Sabrina Setlur interpretierten Song "Nur mir" zwanzig Jahre später unterlegte.
Was bisher geschah…
Dagegen erhoben Musiker von Kraftwerk Klage beim Landgericht Hamburg. Das Landgericht und das OLG Hamburg in der Berufung gab den Klägern Recht, soweit es um die Verletzung von Leistungschutzrechten für Tonträgerhersteller ging. In gleich zwei Entscheidungen kam der Bundesgerichtshof in der anschließenden Revisionsinstanz 2008 (Urteil vom 20.11.2008, Az I ZR 112/06) und 2012 (13.12.2012, Az I ZR 182/11) ebenso zu dem Ergebnis, …
- dass die Übernahme auch kleiner Tonsequenzen Rechte von Tonträgerherstellern verletzt.
- Einschränkend hielt der BGH Sampling aber für rechtlich zulässig, wenn das neue Werk zu der Vorlage einen so großen Abstand hält, dass es als selbständig anzusehen ist.
Das bedeutet, dass das Sample für das neue Werk also quasi keinen prägenden Charakter hat und ein durchschnittlich befähigter Musikproduzent auch nicht in der Lage ist, die Tonfolge selbst einzuspielen. Begründet wurde dies im wesentlichen damit, dass eine freie künstlerische Weiterentwicklung möglich sein muss. Im konkreten Fall durfte die Sequenz nach Ansicht des Gerichts nicht entnommen werden, da sie eben selbst eingespielt werden konnte.
Sampling ist ein Sonderfall
Diese Entscheidung war rechtlich gesehen konsequent. Denn nicht nur Leistungschutzrechte wie für Tonträgerhersteller, auch urheberrechtlich geschützte Werke wie Kompositionen, dürfen nach dem Gesetz frei benutzt werden, wenn die Vorlage quasi als Inspiration dient und nicht mehr erkennbar ist.
- Die Möglichkeit zum Sampling ist damit dennoch eingeschränkt, da eben viele Tonfolgen selbst eingespielt werden können!
Im Ergebnis kann das auch dazu führen, dass gerade die komplizierteren Kreationen, die nicht selbst eingespielt werden können, direkt übernommen werden können.
Wie geht es nun weiter?
Nun steht im Laufe der nächsten Wochen eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts an.
- Bei der Verfassungsbeschwerde geht es um die Frage, ob die Entscheidung des BGH zur eingeschränkten Möglichkeit des Samplings auch künstlerische Freiheiten so einschränkt, dass Grundrechte verletzt werden.
- Die Entscheidung kann je nach Ausgang Auswirkungen auf das Urheberrecht und die Rechtsprechung der Gerichte in solchen Fällen haben.
Rechtlich geschützte Leistungen wie Urheberrechte geben Rechteinhabern quasi eine Monopolstellung, mit der sie anderen untersagen können, Leistungen ungefragt zu nutzen. Diese Monopolstellung kann in bestimmten Fällen eingeschränkt werden, wenn dafür ein entsprechendes Interesse der Allgemeinheit besteht. Daher geht es in solchen Fällen letztlich auch immer darum, die verschiedenen Standpunkte abzuwägen und zu einem sachgerechten Ergebnis zu kommen.
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts muss auch nicht die letzte gewesen sein, da der Fall anschließend auch noch zum Europäischen Gerichtshof gehen kann.
Backstage PRO wird über die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts berichten.
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