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"Man muss harte Entscheidungen treffen"

Bassist Alex Grube (Helene Fischer u.v.a.) über Karriereplanung und den Job als Live- und Studiomusiker

Interview von John Lahann
veröffentlicht am 03.12.2014

alex grube studiomusiker image berufswelt

Bassist Alex Grube (Helene Fischer u.v.a.) über Karriereplanung und den Job als Live- und Studiomusiker

Alex Grube. © Quelle: Autor

Wer in der deutschen Musik-Szene unterwegs ist, wird mit großer Wahrscheinlichkeit früher oder später auf den Namen Alex Grube stoßen. Der Bassist spielte bereits für Größen wie Chuck Loeb, Mark Forster, Helene Fischer, Hendrik Freischlader, Sarah Brightman und viele mehr. Wir sprachen mit dem sympathischen Wahlhamburger über Karriereplanung, bekannte Arbeitgeber und den vom Aussterben bedrohten Beruf „Studiomusiker“.

Backstage PRO: Alex, du bist ja sehr gut im Geschäft. Spielst große Stadion-Tourneen, unterrichtest an Musikhochschulen und hast etliche Endorsements. Hast du damit gerechnet, als du angefangen hast, Musik zu machen?

Alex Grube: Eigentlich habe ich nicht so viel darüber nachgedacht, wie meine Karriere mal verlaufen könnte. Ich hatte da keine große Vision oder ähnliches. Natürlich setzt man sich von Jahr zu Jahr Ziele, die man erreichen will, aber so richtig durchgeplant war da nichts.

"Ich habe mich ein Stück weit gegen die Kunst und für den Kommerz entschieden"

Backstage PRO: Ist eine Karriere im Musikbusiness überhaupt planbar?

Alex Grube: Klar ist das planbar! Ich selbst habe zwar nicht so viel darüber nachgedacht, habe aber anscheinend intuitiv ein paar mal die richtigen Schritte gemacht. Zum Beispiel habe ich mich zu einen gewissen Zeitpunkt ein Stück weit gegen die Kunst und für den Kommerz entschieden. Das klingt jetzt negativer als es ist. Ich wollte eben nicht nur Musik der Musik wegen machen, sondern ich wollte mein Leben dadurch finanzieren können. Hier und da muss man dann harte Entscheidungen treffen und Projekte, die eigentlich Spaß machen, aufgeben, wenn sie eben nicht rentabel sind. Das war aber alles eher eine schleichende Entwicklung.

Bei den Künstlern, mit denen ich arbeite, merkt man allerdings schon, dass sie einen Plan verfolgen. Diejenigen, die wissen wo sie hinwollen, werden in der Regel erfolgreicher, als die, die sich darüber keine Gedanken machen. Es gibt immer wieder Musiker, die einfach nur auf ihr Talent vertrauen und für sich Musik machen – das reicht halt überhaupt nicht aus. Viel wichtiger ist das Image. Es gibt so viele Dinge außerhalb der Musik, die man beachten sollte. Leute, die sich darüber bewusst sind, welche Zielgruppe sie ansprechen wollen, in welchen Radiosendern sie gespielt werden wollen etc. sind da klar im Vorteil. Es bringt nur dann nichts, wenn man merkt, dass es Kalkül ist. Das ist dann unsympathisch. Der Künstler ist dadurch nicht mehr greifbar. Also zum Teil ist es planbar, aber Talent ist natürlich die absolute Voraussetzung.

Backstage PRO: Du hast ja an der Popakademie Mannheim studiert. Inwieweit hat dir dein Musikstudium beim Einstieg ins Profi-Geschäft geholfen?

Alex Grube: Das war schon sehr hilfreich. Natürlich weiß ich nicht, wie es gewesen wäre, wenn ich ohne Studium direkt nach Hamburg oder Berlin gezogen wäre, aber ich bin schon recht dankbar über die Kontakte aus dem Studium. Nicht nur durch Dozentenseite, sonder eher durch die Leute, die ich dort getroffen haben. Leute, die so denken wie man selbst, die mit einem auf einer Linie sind.

"Eine Welttournee beweist, dass man professinell arbeiten kann"

Fotograf: Markus Vollmer

Fotograf: Markus Vollmer

Backstage Pro: Du warst recht früh in deiner Karriere mit Sarah Brightman auf Welttournee. War das etwas, was dich voran gebracht hat, oder war es eher hinderlich, dass du für lange Zeit nicht in Deutschland präsent warst?

Alex Grube: Es war natürlich positiv. Gerade für einen Musiker aus Deutschland ist es ja etwas Besonderes, eine Welttournee zu spielen. Wenn du dann zurück kommst, hast du natürlich ein anderes Standing. Du findest als Name erstmals statt. Und natürlich ist es besser, wenn man mit deinem Namen eine Welttournee verbindet, als wenn man damit den Typen verbindet, der gerade von der Hochschule kommt und irgendwie durchstarten will. Wenn man so eine Tour gespielt hat und nicht rausgeworfen wurde, ist das Beweis dafür, dass man professionell arbeiten kann. Und die Szene, in der solche Jobs verteilt werden, ist in der Tat recht überschaubar. Man weiß eben, wer was macht. Gerade in Zeiten von Facebook und Instagram.

Backstage PRO: Du deckst ja ein breites musikalisches Spektrum von Jazz und Blues über Rock, HipHop bis hin zu Schlager ab. Wie bereitest du dich auf die verschiedenen Gigs vor?

Alex Grube: Ich höre einfach viel verschiedene Musik. Das ist sicherlich erstmal hilfreich. Und ich nehme jeden Job, den ich spiele, ernst und stelle mich als Person nicht über die Musik. Egal, ob man jetzt einen Cover-Gig, Schlager oder Jazz spielt: Man kann alles gut oder schlecht machen! Ich probiere, alles authentisch zu spielen, aber auch mit einer eigenen Note. Natürlich lerne ich das Material, was für die Tour vorgegeben ist. Das ist mal mehr und mal weniger aufwändig.

Für die Tour mit Chuck Loeb habe ich mich in der Tat etwas intensiver vorbereitet. Chuck spielt sonst mit Steve Gadd, Will Lee und solchen Leuten. Alles wirkliche Chefs. Und dann komm ich da mit meinem Behelfswissen Jazz an. Von daher habe ich vor der Tour sämtliche Basics nochmal aufgefrischt: Solieren im Jazz-Kontext, interessante Walking Basslines spielen und so weiter.

"Wirf mich raus, wenn es nicht reicht!"

Ich hab Chuck auch direkt gesagt: Pass auf, ich bin Popmusiker. Ich höre viel Jazz und kann es im gewissen Maße spielen, aber ich bin Popmusiker! Wenn du das Gefühl hast, es reicht dir nicht, was ich anbiete, dann kannst mich direkt rauswerfen und es wäre vollkommen O.K. für mich. Er war dann ganz cool und sagte: „Mir sind Popmusiker lieber, die Jazz spielen, als Jazzmusiker, die versuchen Pop zu spielen!“. Die Tour ist dann bestens gelaufen.

Backstage PRO: Benutzt du denn für die verschiedenen Gigs auch unterschiedliches Equipment?

Alex Grube: Nicht wirklich. Oft passen allerdings einfach die Klassiker: Precision Bass, Jazz Bass und ein moderner Fünfsaiter. Dann kommt es natürlich auf den jeweiligen Gig an. Als ich diesen Sommer ein paar Konzerte mit Hendrik Freischlader gespielt habe, war eigentlich meist Röhrenamp und Fender Precision Bass angesagt.

Bei Helene Fischer sieht das anders aus. Die ganze Tour ist ja eine In-Ear-Produktion. Der Amp wird da gar nicht mikrofoniert. Er steht nur auf der Bühne, damit man den Bass auch ein bisschen fühlen kann. Ich benutze übrigens den Mesa Boogie Prodigy Four mit 4x10 Box. Mein Hauptbass ist dort der Yamaha BB-NE-2. Sicherlich nicht der hübscheste Bass auf der Welt, aber er macht einen unfassbar soliden Job. Gerade wenn man in Stadien spielt, spielt die Tonfärbung des Instruments gar nicht so eine große Rolle. Es geht darum, dass das Signal immer steady da ist. Mein alter Precision ist toll, wenn ich darauf spiele, geht mein Herz auf, aber der Yamaha ist für solche Jobs einfach besser geeignet. Er ist das perfekte Arbeitsgerät.

Mein Pedal Board für die Show ist überschaubar: Tuner, Buffer, paramertischer EQ, Kompressor, Octaver und Overdrive. Das war´s!

Backstage PRO: Du benutzt bei Helene Fischer ein Overdrive-Pedal?

Alex Grube: Ja, ich weiß, das verbindet man jetzt nicht unbedingt mit dieser Musik. Aber: die Show besteht aus 35 Liedern. Bei 8 Songs kommt der Bodentreter zum Einsatz. Die CDs sind ja nur grobe Richtlinien für uns als Band. Für die letzte Tour hatten wir zum Beispiel vier Wochen Produktionsproben. Auf Helenes CDs ist ja fast alles programmiert, von daher müssen wir schauen, wie wir das als 17-köpfige Band dann umsetzen. Oft interpretieren wir das Ganze wesentlich rockiger. Achtel-Bass und gib ihm…

"Die Budgets werden immer kleiner"

Fotograf: Maik Schott

Fotograf: Maik Schott

Backstage PRO: Der Beruf Studiomusiker wird ja immer wieder für tot erklärt. Wie beurteilst du das?

Alex Grube: Es hat sich auf jeden Fall alles ein wenig verschoben. Es kommt seltener vor, dass man wirklich für ein paar Tage in ein Studio geht. Die Budgets werden eben immer kleiner und kaum ein Produzent ist mehr bereit, Studiokosten, Kosten für den Tontechniker, Anfahrt und Hotel zu zahlen. Von daher mache ich jetzt viel Studioarbeit von zu Hause. Die Leute schicken mir ihre Songs und ich spiele drauf. In den letzten Jahren habe ich einiges in Mikrofone und Preamps investiert. Außerdem habe ich alle meine Bässe hier. Im Prinzip kann ich von zu Hause einen viel besseren Sound anbieten, als ich es in einem fremden Studio könnte.

Backstage PRO: Gab es denn in letzter Zeit einen Studio-Job, der dir besonders in Erinnerung geblieben ist?

Alex Grube: Ja, ich habe neulich Bässe für Heinz Rudolf Kunze eingespielt. Er hat ein Hörspiel für Kinder geschrieben: "Quentin Qualle". Eine der Hauptfiguren möchte Bassist in einer Band sein und an einer Stelle gibt es da ein kleines Bass-Solo. Also habe ich da über einen Kinderbuch-Text soliert. Das macht man nicht allzu oft.

Backstage PRO: In wie weit kannst du dich denn bei solchen Jobs selbst kreativ einbringen?

Alex Grube: Das ist ganz unterschiedlich. Manchmal bekomme ich eine Vorproduktion mit einem Midi-Bass drauf, den ich dann im Prinzip Note für Note nachspielen, aber auch mit Leben füllen soll. Meistens freuen sich die Produzenten über Slides, Griffbrettgeräusche, teilweise sogar über Inperfektion – alles, was die Musik lebendig macht. Oft ist es aber auch so, dass die Leute sagen: Diese Nummer ist ein Problemfall. Wir wissen nicht, ob wir die überhaupt auf die CD nehmen. Hast du eine Idee? Eigentlich ist es immer gewünscht, dass man etwas anbietet.

Ich mache es meistens folgendermaßen: Ich schicke ein, zwei Standard-Versionen, richtige Brot-und Butter-Basslinien. Einen Take, mit vielen Variationen und Fill-Ins und einen Take mit speziellen Dingen drauf. Zum Beispiel eine zweite Bassstimme oder etwas Akkordisches. Da kann der Produzent sich aussuchen, was ihm gefällt, und es nach Belieben zusammenschneiden.

Backstage PRO: Du unterrichtest ja beim Popkurs Hamburg und an der Popakademie Mannheim. Was sind deine Unterrichtsinhalte?

Alex Grube: Naja, ich unterrichte ja nicht viel. Ich habe kein vorgefertigtes Konzept, das ich immer durchziehe. Für gewöhnlich lasse ich die Studenten einen einfachen Groove spielen und dann gibt es immer genug Dinge, die man verbessern kann. Viele Bassisten sind technisch gut, mit dem Groove hapert es dann aber. Bei studierten Bassisten muss man oft auch ein bisschen an die Basics gehen. Wenn jemand Donna Lee spielen kann, heißt das noch nicht, dass er vernünftige Achtelnoten mit dem Plektrum spielen kann. Aber das gilt auch umgekehrt: Wenn jemand sein Leben lang nur Punk gespielt hat, macht es Sinn, ihn darauf aufmerksam zu machen, dass auch andere Musik ihre Berechtigung hat.

Backstage PRO: Vielen Dank für das Interview!

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