1000 Einsatzkräfte für ein friedliches Festival?
Das alternative Musikfestival Fusion wehrt sich gegen eine Polizeiwache auf dem Festivalgelände
Impressionen von der Fusion 2016. © Montecruz Foto: SYNY @ Fusion Festival 2016 (https://flic.kr/p/KyCBSz) / Lizenz: CC BY-SA 2.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/)
Wie der NDR berichtet, ist das Genehmigungsverfahren für die Fusion ins Stocken geraten. Die neubrandenburgische Polizeit gibt an, dass Sicherheitsbestimmungen und -standards nicht eingehalten werden und das Konzept so nicht genehmigungsfähig sei.
Bei der Fusion handelt es sich um ein betont alternatives Kulturfestival, das an fünf Tagen ein breites Programm mit Musik, Theater, Performances und weiteren künstlerischen Ausdrucksformen bietet.
Verstärkte Präsenz
Laut dem Trägerverein der Fusion, Kulturkosmos Müritz e.V., liegt das derzeitige Problem nicht im aktuellen Sicherheitskonzept des Festivals begründet. Dies sei in den vergangenen Jahren nämlich stets genehmigt worden, eventuelle Nachbesserungen würden in vertrauensvoller Zusammenarbeit mit den zuständigen Ämtern vorgenommen.
Das Polizeipräsidium verweigere viel mehr die Zustimmung zur Durchführung der Fusion, da der Trägerverein der Forderung der Polizei, eine Polizeiwache direkt auf dem Fusion-Gelände zu errichten, nicht berücksichtigt habe. Auch die anlasslose Bestreifung des Festivalgeländes verweigern die Veranstalter.
Zu viel des Guten?
Der Kulturkosmos e.V. bezeichnet die drastische Erhöhung der Polizeipräsenz als unverhältnismäßig und unbegründet. Tatsächlich wird die als kleines, alternatives Techno-Festival gestartete Fusion 2019 bereits zum 22. Mal veranstaltet, und gilt, obwohl sie mittlerweile gut 70.000 Besucherinnen und Besucher vorweisen kann, als äußerst friedlich.
Bisher wurden pro Tag lediglich zwischen 90 und 250 Beamtinnen und Beamte eingesetzt, die Polizeiberichte sprachen laut Netzpolitik.org stets von einem "weitestgehend störungsfreien Verlauf" des Festivals. Nun sollen bis zu tausend Polizistinnen und Polizisten eingesetzt werden – eine Erhöhung, die nicht nur der Trägerverein der Fusion nicht nachvollziehen kann.
Erklärungsnot
Hauptsächlich wird die Verhältnismäßigkeit des polizeilichen Vorhabens in Frage gestellt: Es besteht auf der Fusion, so der Tenor, keine konkrete Gefahr, die eine drastische Erhöhung der Sicherheitskräfte vor Ort rechtfertige.
Der Bürgerrechtler und Richter am Landgericht Berlin, Ulf Buermeyer, schreibt:
meine Sorge: wer eine solche Streitmacht zusammenzieht, der braucht geradezu die Eskalation, weil sich sonst der Einsatz von mehreren 100.000 Euro Steuergeldern kaum erklären lässt. Das lässt nichts Gutes für die Fusion ahnen - wohlgemerkt eine bisher problemlose Veranstaltung.
— Ulf Buermeyer (@vieuxrenard) 7. Mai 2019
Aus dem Umfeld zahlreicher Parteien gibt es Solidaritätsbekundungen, eine für den Erhalt der Fusion eingerichtete Petition zählt bereits über 100.000 Unterzeichnende.
Hoffnungsvoll
Trotz der derzeitigen Debatte sind die Veranstalter der Fusion zuversichtlich, ihr Festival noch durchführen zu können. Der Kulturkosmos e.V. ist beispielsweise bereit, als Kompromisslösung eine Polizeiwache außerhalb des Festivalgeländes zu erlauben, der Polizeipräsident Nils Hoffmann-Ritterbusch gibt an, einer Verhandlungslösung offen gegenüberzustehen.
Bis zum 16. Mai 2019 haben die Festival-Veranstalter noch Zeit, ein tragfähiges Konzept vorzulegen, danach wird in den Ämtern über das Schicksal des Festivals entschieden.
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