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Streaming, CD und Vinyl

Das sind die Unterschiede zwischen den Musikmärkten in Deutschland und den USA

Spezial/Schwerpunkt von Daniel Nagel
veröffentlicht am 24.02.2023

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Das sind die Unterschiede zwischen den Musikmärkten in Deutschland und den USA

Musikmarkt Deutschland USA (2023). © Sean Benesh via unsplash.com

Die Musikmärkte auf beiden Seiten des Atlantiks befinden sich in stetiger Bewegung. Während der Streaming-Markt in Deutschland und den USA gleichermaßen wächst, gibt es in anderen Bereichen nach wie vor große Unterschiede.

Die Digitalisierung der Musikmärkte vollzog und vollzieht sich mit atemberaubender Geschwindigkeit. 2015 erzielte der deutsche Musikmarkt noch fast 70 % seines Umsatzes mit physischen Tonträgern (vornehmlich CDs und Vinyl). 2022 betrug der Anteil physischer Tonträger am Gesamtumsatz noch gerade einmal 20 %.

Ein Blick in die USA legte allerdings schon 2015 nahe, dass dieser Zustand nicht von Dauer sein würde, denn schon vor acht Jahren betrug der Anteil physischer Tonträger am Umsatz mit Recorded Music in den USA nur 24 %. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis Streaming in Deutschland einen vergleichbar großen Marktanteil erreichen würde.

Angleichung beim Streaming

Diese Erwartung hat sich bewahrheitet: Inzwischen bestehen in Hinblick auf den Marktanteil von Streaming kaum noch Unterschiede zwischen beiden Ländern. Streaming verfügt über mehr als 73% Marktanteil am Umsatz mit Recorded Music in Deutschland und über mehr als 84 % Marktanteil in den USA [Link zum PDF].

Dennoch existieren weiter signifikante Unterschiede zwischen den Musikmärkten in den USA und Deutschland. Der Anteil physischer Tonträger am Umsatz ist in den vergangenen Jahren immer weiter gesunken und betrug im ersten Halbjahr 2022 nur noch 13 %. In Deutschland liegt der Marktanteil physischer Tonträger mit knapp 20 % deutlich höher.

Hier CDs, dort Vinyl

In den USA macht der immer noch wachsende Vinyl-Markt zwei Drittel des Gesamtumsatzes mit physischen Tonträgern aus. In Deutschland ist das Verhältnis zwischen Vinyl und CD gerade umgekehrt, denn hierzulande werden zwei Drittel der Umsätze von physischen Tonträgern mit CDs erzielt (13 % Anteil am Gesamtumsatz).

Mit mehr als 250 Millionen Euro Umsatz liegen CD-Verkäufe in Deutschland nicht so weit hinter den USA mit knapp 400 Millionen US-Dollar – und das obwohl die Bevölkerung der USA fast viermal so groß ist wie die deutsche. In den USA ist der Umsatz mit Vinyl hingegen mehr als dreimal so hoch wie in Deutschland (mehr als 1 Milliarde Euro vs. ca. 125 Millionen Euro). 

In absoluten Zahlen erzielen physische Tonträger in den USA aber mehr als 1,5 Milliarden US-Dollar Umsatz pro Jahr, während die Höhe des Umsatzes in Deutschland etwas 400 Millionen beträgt und damit ungefähr der unterschiedlichen Bevölkerungshöhe entspricht. 

Nachhaltige Unterschiede

Der Kauf von Downloads erzielt in den USA immer noch mehr als 600 Millionen US-Dollar Umsatz pro Jahr – und liegt damit höher als der Umsatz mit CDs. In Deutschland verfügen Downloads nur über einen Marktanteil von 2,5% und erzielen lediglich einen Umsatz von ca. 50 Millionen Euro pro Jahr. 

Interessanterweise sind diese Unterschiede nicht neu, sondern bestanden in ähnlicher Form schon 2015. Das zeigt die Dauerhaftigkeit kultureller Unterschiede, die trotz des Siegeszuges des Streamings fortbestehen, der in Deutschland eben nur mit zeitlicher Verzögerung erfolgte. 

Streaming-Umsätze in den USA weitaus höher

Große Gemeinsamkeiten ergeben sich in Hinblick auf Wachstum oder Rückgang einzelner Formate. Sowohl in den USA wie in Deutschland wuchs der mit Streaming erzielte Umsatz im 1. Halbjahr 2022 um mehr als 9 Prozent auf fast 13 Milliarden US-Dollar bzw. 1,5 Milliarden Euro. In Deutschland beschleunigte sich das Wachstum des Streaming-Marktes im 2. Halbjahr, so dass dieser im Jahresvergleich um 14% wuchs.

Im Hinblick auf den Gesamtumsatz liegt Deutschland aber weitaus stärker hinter den USA, als aufgrund der Bevölkerung zu erwarten wäre. Anders ausgedrückt verfügt der deutsche Streaming-Markt noch über beträchtliches Wachstumspotenzial.

Vinylmarkt wächst weiter

Ein weiterer Wachstumsmarkt ist der Schallplattenmarkt: Vinylverkäufe in den USA stiegen im 1. Halbjahr 2022 in absoluten Zahlen von 18,8 auf 21,8 Millionen (ein Zuwachs von 15,7 %). Aufgrund der steigenden Preise fiel das Umsatzwachstum noch deutlicher aus und erreichte im 1. Halbjahr 2022 22 %.

In Deutschland wuchs der mit Vinyl erzielte Umsatz im 1. Halbjahr 2022 um mehr als 12 %, im 2. Halbjahr schwächte er sich (vielleicht aufgrund der hohen Inflation) ab und erreichte dadurch im Gesamtjahr lediglich 6 Prozent Wachstum.

Sowohl in Deutschland wie in den USA waren die mit CD-Verkäufen erzielten Umsätze im 1. Halbjahr leicht, d.h. um ca. 5 %, rückläufig. Im 2. Halbjahr beschleunigte sich der Rückgang, so dass die CD-Umsätze in Deutschland um 17 % einbrachen.

Auf beiden Seiten des Atlantiks gingen die mit Downloads erzielten Umsätze ebenfalls stark zurück, in den USA um über 20 %. 

Unterschiede im Konsum

Im Hinblick auf die Arten des Konsums zeigt der Vergleich laut Luminate Year-End Music Report ebenfalls vertraute Muster. Im Vergleich zwischen den Hörgewohnheiten der USA und neun europäischer Länder Deutschland, Frankreich, UK, Irland, Niederlande, Italien Spanien, Polen, Irland und Portugal ergibt sich vornehmlich in der Nutzung von CDs ein größerer Unterschied. 

In den USA hören nur 31% der Musiknutzer CDs, während es in den genannten europäischen Ländern 45 % sind. In Hinblick auf Radiokonsum (Europa: 65%, USA 61%), Audiostreaming (Europa: 62%, USA: 57%), Streaming von Musikvideos (Europa: 66%, USA: 61%), Streaming von Musik-Kurzvideos (Europa: 38%, USA: 32%) und Vinyl-Nutzung (Europa: 13%, USA: 12%) sind die Unterschiede statistisch kaum signifikant.

Unterschiede nehmen ab, verschwinden aber nicht

Insgesamt zeigt sich aber seit 2015 eine stetige Angleichung des deutschen und US-amerikanischen Musikmarkts. Die einstige Sonderrolle Deutschlands gehört der Vergangenheit an, wenngleich CDs hierzulande eine größere Bedeutung besitzen als in den USA.

Wie sich die Märkte zukünftig entwickeln werden, ist nicht leicht vorherzusagen. Abgesehen vom Verschwinden der Downloads erscheint keine Entwicklung zwangsläufig. Dass die oft totgesagte CD vollständig verschwindet, erscheint aktuell nicht wahrscheinlich. Ein Ende des Vinyl-Booms ist entgegen anderslautender Meldungen ebenfalls nicht in Sicht.

Nur eines scheint mit Sicherheit festzustehen: Die Bedeutung des Streamings wird auch in Zukunft weiter wachsen.

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