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“Nachwuchsförderung ist für uns sehr wichtig”

Kieler Woche 2019: KiWo-Chef Philipp Dornberger über die Organisations des Mega-Events

Interview von Reinhard Goebels
veröffentlicht am 12.02.2019

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Kieler Woche 2019: KiWo-Chef Philipp Dornberger über die Organisations des Mega-Events

"Die Kieler Woche spült immer ein ganz besonderes Lebensgefühl in unsere Stadt am Meer." – Philipp Dornberger. © Lh Kiel / Bodo Quante

Die Kieler Woche feiert Jubiläum: 2019 findet sie bereits zum 125. Mal statt. Wir sprechen mit Referatsleiter Philipp Dornberger über nahezu unüberschaubare Programm-Vielfalt, Herausforderungen und Chancen sowie die Zusammenarbeit mit Backstage PRO.

Philipp Dornberger, 38, ist seit 2017 Leiter des Kieler-Woche-Büros, oder, so die offizielle Bezeichnung: Referatsleiter Kieler Woche.

"An dem Job hat mich gereizt, dass ich noch viel Potential in der Kieler Woche sehe", erklärt uns der gelernte Hotelfachmann und studierte Tourismusmanager im Gespräch. Doch damit erschöpft sich natürlich nicht die Verbundenheit, die Philipp Dornberger zu seinem Posten empfindet: "Ich liebe die Kieler Woche", erfahren wir weiter. "Sie spült immer ein ganz besonderes Lebensgefühl in unsere Stadt am Meer".

Dass es einer Veranstaltung gelingt, eine ganze Stadt in ihren Bann zu ziehen, dürfte kaum überraschen, wenn man die enormen Ausmaße der Kieler Woche betrachtet: Sie ist sowohl das größte Segelevent der Welt sowie mit über 2000 Programmpunkten aus den Bereichen Sport, Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Wissenschaft, Kunst und Musik gleichzeitig auch das größte Sommerfestival im Norden Europas.

2019 findet das Booking für mehrere Bühnen erstmals über Backstage PRO statt. Hier geht es zur Bandbewerbung

"Die Kieler Woche ist ein komplexer, lebender Organismus"

Backstage PRO: Herr Dornberger, das Programmangebot der Kieler Woche scheint überwältigend. Wie lässt sich solch ein Organisationsaufwand stemmen?

Philipp Dornberger: Das frage ich mich manchmal selbst. Möglich ist das natürlich nur mit einem wirklich einzigartigen Team und besonders im Bereich Segeln mit einem wahnsinnigen Engagement zahlreicher ehrenamtlicher Helfer, die in die Kieler Woche sehr viel Herzblut investieren.

Backstage PRO: Wie schaffen Sie es bei dieser enormen Themenvielfalt, einen Überblick zu behalten?

Philipp Dornberger: In erster Linie durch ein Elefantengehirn. Es ist sehr wichtig ein gesundes Vertrauen mitzubringen, um einzelne Themen auch mal laufen lassen zu können, da ich natürlich nicht in jedes Detail eingebunden werden kann. Wir haben jedoch erfahrene Leute, auf die man sich immer verlassen kann. Jedes Rädchen in diesem System funktioniert – und wenn tatsächlich etwas mal nicht ganz rund läuft, sehen wir dies natürlich selbst, doch von außen betrachtet fällt es dem Kieler-Woche-Fan meistens nicht auf.

Man muss sich die Kieler Woche wie einen sehr komplexen, lebenden Organismus vorstellen. An ihr sind unheimlich viele Menschen beteiligt, die die unterschiedlichsten Blickwinkel darauf haben, was die Kieler Woche letztendlich ausmacht.

Backstage PRO: Sie sind seit 2017 Leiter des Kieler-Woche-Büros. Was waren denn zu Beginn die größten Herausforderungen?

Philipp Dornberger: Im ersten Jahr ging es natürlich viel darum, alle Partnerinnen und Partner kennenzulernen und herauszufinden, wo neue Akzente gesetzt werden können. Eine große Herausforderung war die schiere Menge an Informationen. Bis man alle Beteiligten der Kieler Woche kennengelernt hat, vergeht schnell ein halbes Jahr.

Zudem möchte die Öffentlichkeit von einem neuen Referatsleiter natürlich erfahren, was es Neues gibt. Wir haben Großflächen für neue Konzepte ausgeschrieben und eine ganze Bandbreite an Projekten angeschoben, sodass jedem Besucher der Kieler Woche auffällt, dass hier etwas neu ist und es sich anders anfühlt.

“Ich möchte die Menschen miteinbeziehen”

Backstage PRO: Was hat sich in diesem Jahr geändert?

Philipp Dornberger: Dieses Jahr sind wir schon viel weiter. Bei der 125. Kieler Woche wird es zahlreiche große und kleine Neuerungen in unterschiedlichen Bereichen geben.

Eine besondere Neuerung für uns ist, dass wir einen externen Strategieprozess anstoßen, bei dem wir zusammen mit allen Partnerinnen und Partnern überlegen, wie wir die Kieler Woche für die nächsten Jahre ausrichten werden.

Das soll es uns erlauben, Themen stringenter, fokussierter und zukunftsorientiert anzugehen sowie noch professioneller mit Herausforderungen umzugehen. Geplant ist, dass dabei etwa 1500 Menschen einbezogen werden. Dazu gehören unter anderem Veranstalter, Sponsoren und Bürger.

Backstage PRO: Damit ist sicherlich ein großer Kommunikationsaufwand verbunden.

Philipp Dornberger: Ja, schließlich darf sich dabei jeder äußern. Grundsätzlich ist mir aufgefallen, dass sich viele Menschen gerne in die Kieler Woche einbringen würden, und dies möchte ich ermöglichen.

Dabei geht es natürlich auch darum, Kompromisse zwischen verschiedenen Interessen zu finden. Allem voran ist es wichtig, die Anliegen der Menschen zu verstehen und herauszufinden, wie man gemeinschaftlich Dinge bestmöglich umsetzen kann. Zu meiner Position gehört allerdings auch mal sagen zu können, was nicht umsetzbar ist.

“Ich glaube an neue und frische Ideen”

Backstage PRO: Wie entscheiden Sie, ob eine neue Idee oder ein Projekt genügend Potential hat, um Teil der Kieler Woche zu werden?

Philipp Dornberger: Wir können nie mit absoluter Gewissheit sagen, wie gut ein Projekt funktionieren wird. Wir haben manchmal Vorstellungen von einem Projekt und möchten etwas ausprobieren, wie zum Beispiel kostenfreies, bewachtes Fahrradparken, da wir das Thema in den Vordergrund stellen und die Infrastruktur entlasten wollen. Also bieten wir einfach mal drei Fahrradstationen an.

Dann stellen wir jedoch während der Kieler Woche fest, dass das Projekt extrem gut angenommen wird und tausend Stellplätze am Tag einfach nicht ausreichen. Daran können wir in der laufenden Kieler Woche nichts mehr ändern, können dann aber für das nächste Jahr weitere Standorte einplanen.

Backstage PRO: Gibt es auch Ideen, die nicht angenommen werden?

Philipp Dornberger: Manchmal, da ist meine Einstellung jedoch eher amerikanisch, sozusagen: Schnelle Implementierung, ausprobieren ob es funktioniert, und wenn das einmal nicht der Fall ist, verabschieden wir uns wieder davon. Ich sage immer: "Die Kieler Woche wird es zeigen."

Backstage PRO: Lässt sich dieser Ansatz auch auf die neue Zusammenarbeit mit uns übertragen?

Philipp Dornberger: Ja, insgesamt sind es erst mal sechs Bühnen, die wir über die Plattform streuen, um zu sehen, ob es für uns funktioniert, die Nachfrage besteht, die Partner damit klarkommen und Menschen dadurch bewegt werden können, Teil der Kieler Woche zu werden. Soweit ich von meinen Kollegen und unseren Partnern gehört habe, ist die Nachfrage riesig, sodass wir uns vorstellen können, es im nächsten Jahr weiter auszubauen.

“1000 Anfragen ohne einen Partner wie Backstage PRO zu sichten, kann sich keiner mehr leisten”

Backstage PRO: Was erhoffen Sie sich denn von der Zusammenarbeit?

Philipp Dornberger: Von den 20 Bühnen auf der Kieler Woche betreiben wir selbst ausschließlich die Rathausbühne. Für die anderen mussten wir den Bands bisher zahlreiche verschiedene Ansprechpartner nennen. Wir wollten daher sowohl für die Partner als auch für die Bands nach einer service-orientierten Lösung suchen.

Bei Backstage PRO haben nun alle Bands die Möglichkeit, für mehrere Bühnen direkt ihr gesamtes Bewerbungsmaterial einzureichen, sodass die Betreiber beispielsweise direkt auf YouTube-Videos zugreifen können. Bei der Rathausbühne erreichen uns etwa 1000 Anfragen pro Jahr, und diese alle aufwendig zu sichten, kann sich keiner mehr leisten. Das gemeinsam mit Backstage PRO zu professionalisieren finde ich sehr begrüßenswert.

Backstage PRO:  Welche weiteren Vorteile sehen Sie in der Zusammenarbeit?

Philipp Dornberger: Für die “Junge Bühne”, hinter der ein Jury-System steckt, war es für uns spannend, den jungen Leuten eine Plattform zu bieten, auf der man sich professionell integrieren kann. Darüber hinaus besteht bei Backstage PRO die Möglichkeit für Jury-Mitglieder im Hintergrund abzustimmen.

Außerdem ist mir aufgefallen, dass wir Bühnen haben, die gar nicht den ganzen Tag über genutzt werden.

“Wir wollen auch weniger bekannten Bands die Chance geben”

Backstage PRO: Die vereinfachte Sichtung der Bewerbungen bietet also auch eine Möglichkeit, das Live-Programm zu erweitern?

Philipp Dornberger: Genau. Wir haben die Infrastruktur und die Kapazitäten, und die sollte man auch nutzen. Warum nicht auch mal einer weniger bekannten Band die Möglichkeit geben, die es sich wünscht, einmal auf der Kieler Woche spielen zu können?

Auch Veranstalter, die bei uns mitwirken, haben Interesse daran, dass ihre Flächen für ihre Partner, Gastronomen und dergleichen stetig belebt sind und dadurch durchgehend Kunden anziehen.

Backstage PRO: Mit der “Jungen Bühne” gibt es auf der Kieler Woche eine Bühne, die eigens für Newcomer reserviert ist. Welchen Stellenwert hat das Thema Nachwuchsförderung bei der Kieler Woche für Sie?

Philipp Dornberger: Nachwuchsförderung ist für uns sehr wichtig. Das sieht man einerseits an der Krusenkoppel: Hier wird auf über 50.000 m² ohne Werbung Europas größtes Kinder-Kulturfestival unter freiem Himmel veranstaltet, in dessen Rahmen eine Vielzahl von Workshops für ganz kleine Kinder stattfindet. Daneben gibt es eben unter anderem die besagte “Junge Bühne”, ein Eventareal, das bereits seit vielen Jahren erfolgreich von den Jugendtreffs in Kiel unter Anleitung unseres Kulturamtes organisiert wird. So haben auch Jugendliche die Möglichkeit, sich in ein Projekt zu involvieren und damit ihre Erfahrungen zu machen.

Genauso wichtig ist uns das Thema Nachwuchs etwa beim Sport; wir haben da eine Bandbreite aus den unterschiedlichsten Bereichen. Die Kieler Woche hat grundsätzlich ein derart facettenreiches Gesicht, dass wir sie niemals mit einem bestimmten Statement versehen. Man kann sie mit den Ravensburger Spielen vergleichen: von 0 bis 99, ein multikulturelles Event, bei dem für alle Altersgruppen etwas dabei ist.

Backstage PRO: Herzlichen Dank für das Gespräch!

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2019 findet das Booking für mehrere Bühnen erstmals über Backstage PRO statt.
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