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Bevor es unterwegs so richtig kracht

Mit der Band auf Tour: So vermeidet ihr den Lagerkoller

Tipps für Musiker und Bands von Carina Reitz
veröffentlicht am 05.12.2017

gesundheit tourplanung

Mit der Band auf Tour: So vermeidet ihr den Lagerkoller

Wenn du einen Nervenzusammenbruch vermeiden willst, dann halte dich an unsere Tipps gegen Lagerkoller. © georgemuresan / 123RF

Auf Tour werdet ihr oft eine spannende Zeit erleben, aber mitunter auch eine anstrengende. Denn das Tour-Leben ist nicht für jeden gleich gut geeignet. Es bringt auch Einschränkungen mit sich. Und es bedeutet, dass ihr als Band ziemlich viel aufeinander hängt. Da kann es dann schon mal zum Lagerkoller kommen. Den überlebt nicht jede Band. Aber damit ihr diese Phase unbeschadet übersteht, haben wir ein paar Tipps für euch zusammengestellt.

Ein Lagerkoller entsteht in der Regel immer dann, wenn mehrere Menschen für längere Zeit den Großteil ihres Tages miteinander verbringen (müssen) und es wenig Raum für individuelle Bedürfnisse gibt.

Menschen, die daran leiden, sind permanent gereizt und lassen das auch gerne mal an ihrem Umfeld aus. Dadurch entstehen unnötige Konflikte, vorrangig über Kleinigkeiten. Das ist das eine Extrem. Im anderen Fall zeigen sich Menschen in einer solchen Situation oft einsilbig. Sie ziehen sich immer mehr in sich zurück und sind meist nur noch körperlich anwesend.

Beide Fälle sind, sagen wir mal, suboptimal. Da hilft es auch nicht, mal schnell ein Snickers zu essen. Im Idealfall sorgt ihr als Band sogar dafür, dass bei euch ein Lagerkoller gar nicht erst entstehen kann.

Wie das geht, erfährst du jetzt.

1. Drüber reden

Der erste Tipp ist eigentlich total banal, aber gerade deswegen nicht weniger erwähnenswert. Wenn euch etwas – oder ihr euch gegenseitig – auf den Zeiger geht, dann sprecht das offen an. Nur wenn Unstimmigkeiten offen und ehrlich angesprochen werden, lassen sie sich aus der Welt schaffen. Und das idealerweise, bevor aus einer Mücke ein Elefant wird.

Selbst wenn du deine Bandmitglieder richtig gut kennst – und sie dich ebenfalls – heißt das nicht, dass sie dir hinter die Stirn gucken können. Manchmal merken sie gar nicht, dass dich etwas stört oder du mit einer Situation unzufrieden bist. Sprich Probleme frühzeitig an und nimm deine Jungs bzw. Mädels mit ins Boot – vor allem, wenn sie etwas zur Problemlösung beitragen können.

Aber Vorsicht, der Ton macht die Musik! Wähle deine Worte so, dass sie nicht als Vorwurf formuliert sind. Damit schickst du die anderen sonst leicht in die Defensive, wenn sie das Gefühl haben, sich rechtfertigen zu müssen. Dann stehen die Zeichen schnell auf Angriff. Am besten formulierst du sogenannte "Ich-Botschaften". Damit beschreibst du deine individuelle Art der Wahrnehmung, deine persönlichen Empfindungen. So vermeidest du pauschale Aussagen, die schnell mal übertrieben daherkommen.

Das kommt dir ein bisschen überzogen vor? Dann prüfe doch mal, wie die folgenden beiden Aussagen auf dich wirken:

  1. "Immer muss alles nach deinem Kopf gehen."
  2. "Ich hatte den Eindruck, dass du in dieser Situation unbedingt deine Meinung durchsetzen wolltest."

Na? ;-)

2. Freiheiten einräumen

Wenn ihr auf Tour seid, verbringt ihr zwangsläufig einen Großteil eurer Zeit miteinander. Umso wichtiger ist es, dass ihr euch gegenseitig so viele Freiheiten wie möglich einräumt – sowohl auf der Bühne, als auch abseits davon. Dafür ist es wiederum von Vorteil, wenn ihr offen darüber sprecht, was sich jeder Einzelne zwischen den "Band-Zeiten" wünscht. Seid achtsam miteinander und nehmt Rücksicht aufeinander. Das bewahrt euch vor dem großen Krach.

Achtet aber auch darauf, euch von äußeren Einflüssen nicht zu sehr einschränken zu lassen. Macht eurem Tour-Manager z.B. klar, dass offizielle Termine zwischen den Auftritten ok sind, aber nicht eure komplette freie Zeit in Anspruch nehmen sollten. Sorgt dafür, dass auch euer Umfeld euch genug Freiheiten lässt.

3. Rückzug zulassen oder selbst antreten

Etwas, was ihr euch gegenseitig unbedingt gewähren solltet, ist die Möglichkeit, sich zurückzuziehen. Ok, nicht jeder braucht mehrere Stunden am Stück für sich allein. Aber wenn eure Band aus mehr als zwei Personen besteht, ist die Wahrscheinlichkeit statistisch gesehen ziemlich groß, dass mindestens eine davon vom Wesen her eher introvertiert ist. Und gerade diese Menschen brauchen ihre ganz persönlichen kleinen Auszeiten, um zur Ruhe zu kommen und ihre Akkus wieder aufzuladen.

Wenn ihr einen introvertierten Zeitgenossen in eurer Band habt, nehmt ihm dieses Verhalten nicht übel. Es hat nichts damit zu tun, dass er nicht gern mit euch zusammen ist. Das liegt einfach in seiner Persönlichkeit begründet. Darüber hinaus ist es aber sowieso für jedes Band-Mitglied gut, wenn es sich ab und zu eine kleine "Auszeit mit sich selbst" gönnt.

4. Gemeinsame Interessen pflegen

Ich gehe für diesen Artikel mal davon aus, dass du schon länger mit deinen Band-Mitgliedern zusammen bist. Vielleicht kennt ihr euch schon aus der Schulzeit. Zumindest seid ihr aber nicht gerade frisch aus einer Casting-Show emporgestiegen. Wenn ihr also im Prinzip ein eingeschworener Haufen seid, dann teilt ihr wahrscheinlich nicht nur die Leidenschaft für eure Musik. Bestimmt habt ihr auch noch andere Interessen, die euch verbinden. Wenn das so ist, dann geht ihnen auch auf Tour hin und wieder gemeinsam nach. Ob Fußball, Shopping, Laufen oder Kino – gemeinsame Erlebnisse schweißen zusammen.

Ganz nebenbei sorgt ihr durch gemeinsame, musikfremde, Aktionen dafür, dass ihr euch gegenseitig auch mal "nur" als Menschen wahrnehmt. Ihr bewahrt euch dadurch etwas ganz wichtiges: Bodenhaftung.

5. Auszeiten nehmen

Alle großen Bands nehmen sie sich früher oder später eine längere Auszeit. Du hörst dann monate- und manchmal sogar jahrelang nichts von ihnen. In dieser Zeit ziehen sie sich ganz bewusst zurück und widmen sich all den Dingen, die bis dahin oft zu kurz kamen. Und genau das ist mein letzter Tipp gegen Lagerkoller: gönnt euch ab und zu eine größere Pause – um eure Erfahrungen zu verarbeiten, euch anderen Lebensbereichen zu widmen und Kraft zu tanken.

Wenn ihr auf Dauer erfolgreich sein wollt, ist es ab und an von Vorteil, etwas Abstand zu gewinnen. Das ist nicht nur gut für eure Energiespeicher, sondern auch für eure Kreativität. Und irgendwann ist dann der Zeitpunkt erreicht, an dem ihr wieder so richtig Bock auf eure Musik und aufeinander habt. Und dann rockt ihr das Ding so richtig!

Jetzt weißt du also, wie du einen Lagerkoller frühzeitig erkennen kannst und was du und deine Band tun könnt, damit ihr ihm gar nicht erst zum Opfer fallt. Was sind deine Erfahrungen zum Thema? Welche Tipps hast du gegen Lagerkoller? Wir sind gespannt!

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