Toleriert und fördert das Unternehmen unlautere Praktiken?
Ticketing-Schwarzmarkt: Ein Krimi rund um Ticketmaster
Egal welches Genre - Ticketmaster besitzt in den USA beinahe Monpolstatus. © "half alive - soo zzzz" auf Flickr / Lizenz: CC BY-ND 2.0
Die Vorwürfe gegen das zu Live Nation Entertainment gehörende Ticketingunternehmen Ticketmaster wurden von den kanadischen Nachrichtenunternehmen CBC News und Toronto Star erhoben. Deren Journalisten hatten auf einer Handelsmesse für das Ticketing-Business, dem Ticket Summit 2018, Kontakt zu Vertretern von Ticketmaster gesucht.
Die Journalisten gaben sich dabei als Ticketschwarzhändler aus und ließen sich von Ticketmaster über deren Reseller-Programm informieren.
Auf dem profitablen Auge blind?
Dieses Reseller-Programm firmiert unter dem Namen TradeDesk. Es handelt sich um eine Website, die nur nach vorheriger Registrierung verwendet werden kann und die es den Nutzern erlaubt, große Mengen an Tickets zu verwalten und verkaufen.
Das ist natürlich an sich nicht illegal. Jedoch ignoriert Ticketmaster laut CBC News/Toronto Star die in den eigenen Geschäftsbedingungen vorgeschriebenenen Obergrenzen für Ticketkäufe und -verkäufe, womit sie effektiv Schwarzhändler dulden würden.
Die Anschuldigungen gehen sogar noch weiter. So wurde Ticketmaster unterstellt, Schwarzhändler aktiv zu fördern – angeblich sollen die Händler, wenn sie bestimmte "Meilensteine" hinsichtlich ihrer Gewinne erreichen, Vergünstigungen erhalten. Beweise für diese Praktiken finden sich angeblich im "Reseller Handbook" von Ticketmaster, das im Zuge der Berichterstattung veröffentlicht wurde.
Die Motivation seitens Ticketmaster – sollten die Anschuldigungen stimmen – ist, mit nur einem Ticket doppelte Gewinne zu erwirtschaften: Das Unternehmen hält einen Anteil des Verkaufspreises sowie die Provision für den Wiederverkauf über TradeDesk.
Postwendendes Dementi
Nach Bekanntwerden der Anschuldigungen veröffentlichte Ticketmaster ein Statement, in dem sämtliche Vorwürfe abgestritten wurden. Es sei "kategorisch unzutreffend", dass man Schwarzhändler fördere. Weiterhin habe man bereits vor der CBC News/Toronto Star-Berichterstattung begonnen, Reseller-Konten sowie die Integrität der Mitarbeiter zu überprüfen.
Nichtsdestotrotz droht dem Unternehmen nun eine Anklage wegen Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht sowie gegen Verbraucherrechte. Eine bereits vorbereitete Anklage wegen überteuerten Ticketverkaufspreisen soll entsprechend angepasst werden.
Gute Vorsätze
Der Ticketmaster-CEO Jared Smith dementiert die Vorwürfe auch in einem ausführlichen Interview des Billboard-Magazins. Er gibt an, dass sein Unternehmen Ticketschwarzhändler keinesfalls gewähren lassen würde: die Berichterstattung basiere auf Missverständnissen und Misinformationen. Jedoch gäbe es auch Bereiche, in denen Veränderungen notwendig seien – die Ticketmaster so schnell wie möglich umsetzen wolle.
Nichtsdestotrotz wurde kurz nach dem Interview bekannt, dass die amerikanische Verbraucherbehörde (Federal Trade Commission, FTC) mutmaßlich Untersuchungen gegen Ticketmaster aufnehmen wird. Die Aktie des Mutterkonzerns Live Nation Entertainment sank nach Bekanntwerden der Anschuldigungen zwischenzeitlich um gut 5,5%.
Minenfeld Ticketing
Der Ticketingmarkt ist insbesondere in den Vereinigten Staaten heiß umkämpft: Ticketmaster besitzt hier ein Quasi-Monopol, gegen das selbst solche Unternehmen wie Amazon nur wenig Chancen haben. Jedoch wird bereits gegen Ticketmaster/Live Nation ermittelt, da diese ihr Monopol mit teilweise fragwürdigen Methoden verteidigen sollen
In Deutschland hat jüngst der Bundesverband der Veranstaltungswirtschaft eine Informationskampagne zum Ticketzweitmarkt und den damit verbundenen Risiken gestartet.
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