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Ermittlungen im Vereinigten Königreich

Wieso werden Musikfestivals immer teurer – bis zu fünfzigfacher Kostensteigerung?

News von Backstage PRO
veröffentlicht am 02.09.2019

festivalorganisation

Die britische Wochenzeitung The Economist hat sich mit der Frage auseinandergesetzt, wieso die Kosten für (britische) Festivals in den vergangenen Jahren so stark angestiegen sind – und wie kleinere Festivals damit umgehen.

The Economist zeigt in einem Video, dass Festivals immer populärer werden und deren Eintrittspreise kontinuierlich anwachsen. Unter Einbezug der Inflationsrate, so die Zeitung, müssten Ticketpreise (berechnet am Beispiel des britischen Glastonbury-Festival) heutzutage gut fünf Mal teurer sein als zu Beginn der 1980er-Jahre – tatsächlich sind die Preise um ein fünfzigfaches gestiegen. 

Steigende Preise, steigende Kosten

Die steigenden Preise sind einerseits dem mit immensen Kosten verbundenen organisatorische bzw. infrastrukturelle Aufwand geschuldet, darunter u.a. Ausgaben für Sicherheitspersonal, sanitäre Anlagen, Verpflegung oder auch Verkehrsmanagement.

Zum anderen sind es die Künstlerinnen und Künstler selbst, deren stetig steigende Gagen eine finanzielle Belastung für Festivalmacherinnen und -macher darstellen. Während Jimi Hendrix' Gage bei Woodstock 1969 gut 125.000 Dollar (inflationsbereinigt) betrug, forderte beispielsweise Ariana Grande beim Coachella-Festival 2019 8 Millionen Dollar. 

Tom Standage, Experte für den digitalen Sektor bei The Economist, gibt an, dass die gesunkenen Tonträgerverkäufe und die geringen Auszahlungen des Audio-Streamings das Musikbusiness auf den Kopf gestellt haben: hätten Tourneen früher dazu gedient, Tonträger zu promoten, sei es heutzutage genau umgekehrt. 

Indies mit Problemen

Diese explodierenden Kosten wiederum stellen gerade für unabhängige Festivals ein Problem dar. Die britische Festivallandschaft ist geprägt von Festivals der beiden Veranstalter Live Nation und AEG Live – fast ein Drittel aller britischen Festivals gehören zu diesen beiden Unternehmen, wobei Live Nation mit 25 Prozent Marktanteil noch einmal deutlich vor AEG (5 Prozent) liegt.

Diese Unternehmen sind in der Lage, Künstlerinnen und Künstlern deutlich höhere Gagen zu bieten als unabhängige Veranstalterinnen und Veranstalter – nicht zuletzt etwa durch die Vermarktung von Festivals wie dem Lollapalooza als weltweite Franchise bzw. die Möglichkeit, mehrere Festivals zu organisieren.

Wo die Veranstaltenden kleinerer Festivals von dem Erfolg genau einer jährlichen Ausgabe abhängig sind, können größere Unternehmen Verluste – etwa durch schlechtes Wetter – durch andere Festivals wieder ausgleichen. 

Abseits ausgetretener Pfade

Während größere Festivals dadurch, dass sie oft von den gleichen Unternehmen veranstaltet werden, Gefahr laufen, sich auf Dauer zu ähnlich anzufühlen, suchen kleinere Festivals neue Wege, die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich zu ziehen. 

Am Beispiel des britischen Boomtown-Festivals zeigt The Economist, dass es nicht unbedingt großer Stars bedarf, um Publikumsinteresse zu generieren: Tatsächlich sind die Headliner eines Festivals laut einer aktuellen Umfrage nur für 8 Prozent der Befragten ausschlaggebend – viel wichtiger ist die Atmosphäre bzw. die "Festival Experience" (53 Prozent). 

Laut Joe Pine, dem Verfasser des Buches "The Experience Economy", lässt sich diese Entwicklung durch den gesellschaftlichen Trend erklären, nicht mehr Gegenstände, sondern Erfahrungen zu kaufen. Festivals wie das Boomtown machen den Besuch für das Publikum durch zahlreiche verschiedene Kulissen und Spezialeffekte zu einer immersive Erfahrung und verkaufen genau diese Erfahrung als Produkt – ein Produkt, das sich gleichzeitig über soziale Medien teilen und bewerben lässt. 

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