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LiveKomm spricht sich für Umverteilung der Gelder in der Live-Branche aus

News von Backstage PRO
veröffentlicht am 19.03.2024

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LiveKomm spricht sich für Umverteilung der Gelder in der Live-Branche aus

© Chris Zhang via unsplash.com

Die LiveKomm, der Bundesverband der Musikspielstätten, fordert eine Umverteilung der Gelder in der Live-Musik-Branche. Das sei notwendig, um die bestehenden Musikspielstätten zu erhalten, neue Künstler*innen für die Zukunft auszubilden und ihnen eine angemessene Plattform zu bieten.

Spätestens seit der Corona-Krise befinden sich Clubs und Festivals in einer finanziell angespannten Lage, stellt die LiveKomm fest. Im Gegensatz hierzu verdienen Ticketanbieter immer mehr und konnten auch in der Corona-Krise Gewinne erzielen.

Bedrohliche Lage für den Nachwuchs

Dieses Ungleichgewicht bedroht den deutschen Musiknachwuchs, so die LiveKomm. Kleine Musikspielstätten und Veranstalter bieten besonders jungen Künstler:innen eine Möglichkeit, erste Konzerte zu spielen und an Erfahrung und Bekanntheit zu gewinnen. 

Gerade diese Veranstalter sehen sich aufgrund ihrer schwierigen wirtschaftlichen Lage jedoch gezwungen, ihre bisherige Basisarbeit zurückzufahren und "Hochrisiko-Bookings" für talentierte Nachwuchsmusiker*innen einzustellen oder zumindest zu reduzieren. 

Aufruf zur Umverteilung

Der schwierigen Lage kleiner Spielstätten und Veranstalter stehen Rekordgewinne der großen Live-Konzerne gegenüber. Daher erhebt die LiveKomm nun die Forderung nach einer "Umverteilung der finanziellen Ressourcen im Live-Musikmarkt": 

"Es ist an der Zeit, dass Teile der Überschüsse, die bspw. von großen Ticketing- Firmen erzielt werden, fairer und gerechter auf die gesamte Branche verteilt werden und dass die Player des Ökosystems Live Entertainment gemeinsam daran arbeiten, die kulturelle Vielfalt nachhaltig zu sichern und die wirtschaftliche Entwicklung der Branche gemeinsam voranzutreiben."

Zielsetzungen der Umverteilung und wie das Geld verwendet werden könnte

Die Livekomm stellt im Zusammenhang mit der Umverteilung der Gelder folgende Forderungen auf:

  1. Existenzsicherung für Clubs und Festivals: Die Umverteilung soll dazu beitragen, Clubs und Festivals in ihrer Existenz zu unterstützen und ihre wichtige Funktion als kultureller Nährboden zu bewahren.
  2. Förderungen von Künstler*innen: Ein Teil der Einnahmen soll gezielt in die Ausbildung und Förderung neuer Künstler*innen investiert werden, um die Zukunft der Live-Musikszene nachhaltig zu sichern. 
  3. Chancengleichheit und Vielfalt: Die Umverteilung soll sicherstellen, dass Künstler*innen unabhängig von ihrer Bekanntheit gleiche Chancen erhalten und die kulturelle Vielfalt in der Musikszene gefördert wird.
  4. Langfristige Investitionen: Die finanziellen Mittel aus der Umverteilung sollen in langfristige Projekte investiert werden, die die Live-Musikbranche als Ganzes stärken, Investitionen in Nachhaltigkeit ermöglichen und Innovationen fördern.

Freiwillig oder unfreiwillig

Der Bundesverband der Clubs und Festivals appelliert an die Politik, die "drängende Notwendigkeit zur Umverteilung" zu erkennen und zu unterstützen. 

Der Bundesverband macht zwei konkrete Vorschläge und regt einen Branchendialog an: 

  1. Bekenntnis der Veranstaltungswirtschaft zur freiwilligen Abgabe bspw. in die Bundesstiftung Livekultur oder vergleichbaren Institutionen 
  2. oder Schaffung einer gesetzlichen Live-Ticket-Abgabe analog zum Modell der Filmabgabe

Aufruf zur Debatte

Christian Ordon, Geschäftsführer der LiveKomm erklärt, dass die Umverteilung der Überschüsse in der Live-Branche öffentlich diskutiert werden sollte.

"Auch in Deutschland sollte endlich eine gesellschaftliche Diskussion über die Zukunft der Livekultur geführt werden. Die fatalen Auswirkungen eines sich nehmend monopolisierten Musikmarktes werden u.a. aktuell in Großbritannien und den USA immer sichtbarer. Die dort entsprechend geführten Kartellklagen finden dort auch in der Politik viel stärker Beachtung. Gern wollen wir mit unserem Appell hier den ersten Stein ins Rollen bringen."

Ambitionierte Ziele

Der Vorschlag der LiveKomm zur Umverteilung der Live-Gelder ist ebenso ambitioniert wie angemessen. Schon vor der Corona-Pandemie waren kleine Live-Konzerte nur schwer gewinnbringend durchzuführen, seit Corona hat sich der Gegensatz zwischen kleinen Clubshows und großen Hallen- und Stadionkonzerten noch wesentlich verschärft.

Während große Tourneen von Weltstars oder großen nationalen Acts reihenweise ausverkauft sind, leiden Clubshows mehr als Stadionkonzerte an Preissteigerungen aller Faktoren einer Live-Produktion.

Selbst große Konzertagenturen haben daher ihr Programm an kleinen Clubshows zurückgefahren. Wenn aber schon die großen Agenturen kürzen, wie geht es dann den Veranstaltern, die ausschließlich kleine Konzerte veranstalten? 

Notwendiger Systemwechsel

An dieser Stelle erscheint die Forderung der LiveKomm mehr als angemessen. Notwendig ist nicht weniger als ein Systemwechsel in der Live-Musik-Förderung. Punktuelle Maßnahmen reichen längst nicht mehr aus, um dem musikalischen Nachwuchs im Clubkontext verstärkt Chancen zu geben.

Statt risikoreiche Nachwuchskonzerte durchzuführen setzen die Besitzer kleiner Clubs lieber auf Coverbands oder Partys, die beide einen verlässlicheren Zuschaucherzuspruch garantieren. 

Möglicherweise können sich manche Clubs mit dieser Taktik am Leben erhalten, aber insgesamt drohen kleine Clubs mittel- und langfrisitig zu verschwinden. Wenn mit kleinen Locations kaum noch ein Einkommen zu erzielen ist, dann werden die aktuellen Betreiber keine Nachfolger finden, wenn sie aufhören oder aufhören müssen.

Unklare Perspektiven, notwendige Dimension

Ob die Forderung der LiveKomm jemals umgesetzt wird, steht in den Sternen. Die großen Ticketanbieter bzw. Konzertagenturen werden von einer Umverteilung ihrer Gelder nicht begeistert sein. Das bedeutet, dass der deutsche Staat in ganz anderer Art und Weise in der Kulturpolitik tätig werden müsste, um kleine Clubs und Veranstalter zu fördern. 

Auf der anderen Seite zeigte Neustart Kultur, dass der deutsche Staat sehr wohl ambitionierte Kulturförderungsprogramme umsetzen kann, wenn der Wille dazu vorhanden ist.

Die LiveKomm möchte die Bundesstiftung Livekultur als zentrale Anlaufstelle etablieren, eine Alternative wäre die Initiative Musik, die ja bereits ihre Möglichkeiten bei der Organisation von Neustart Kultur bewiesen hat. Die Debatte ist jedenfalls eröffnet.

Unternehmen

Live Musik Kommission (LiveKomm)

Verband der Musikspielstätten in Deutschland e.V.

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