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Höher als erwartet

Wegen Musikstreaming-Apps: EU belegt Apple mit einer Strafe von 1,8 Milliarden Euro

News von Backstage PRO
veröffentlicht am 05.03.2024

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Wegen Musikstreaming-Apps: EU belegt Apple mit einer Strafe von 1,8 Milliarden Euro

© James Yarema via Unsplash

Im jahrelangen Streit zwischen Apple und Spotify hat die EU ein bemerkenswertes Urteil gefällt. Die EU belegt Apple mit einer Strafe von 1,8 Milliarden Euro, da Apple seine marktbeherrschende Position bei Musik-Streaming-Apps auf Apple-Geräten unzulässig ausgenutzt habe.

Bei Transaktionen in Apples App Store verlangt der Tech-Gigant bis zu 30 Prozent der Einnahmen als Gebühr. Bei Abos für Spotify und andere Streaming-Dienste werden im ersten Jahr 30 Prozent Gebühren fällig und 15 Prozent in allen weiteren Jahren.

Um diese Gebührenzahlung zu umgehen, verwies Spotify auf alternative und günstigere Bezahlmöglichkeiten, was Apple wiederum untersagte.

Hohe Strafe

Darin sah unter anderem Spotify als einen Verstoß gegen europäisches Wettbewerbsrecht und beschwerte sich im Jahr 2019 bei der Europäischen Union. Die EU-Kommission entschied nun, dass Apples Vorgehen gegen EU-Recht verstößt und belegt den Tech-Giganten mit einer Strafe von 1,8 Milliarden Euro – weitaus mehr als erwartet.

EU-Wettbewerbs-Kommissarin Margrethe Vestager äußert sich zu der Strafe wie folgt:

"Ein Jahrzehnt lang hat Apple seine beherrschende Stellung auf dem Markt für den Vertrieb von Musik-Streaming-Anwendungen über den App Store missbraucht. Dabei hinderte das Unternehmen die Entwickler daran, die Verbraucher über alternative, billigere und außerhalb des Apple-Ökosystems verfügbare Musikdienste zu informieren. Dies ist nach den EU-Kartellvorschriften illegal".

Viele Beschränkungen für Entwickler

In der Begründung der Strafzahlung führt die EU-Kommission aus, dass Apple genau regele, welche Informationen App-Entwickler ihren Kunden im Apple-eigenen App-Store zukommen lassen können. 

Unter anderem untersagte Apple App-Entwicklern ihre Kunden darauf hinzuweisen, dass sie Streaming-Abos außerhalb des App Stores eventuell günstiger abschließen könnten. Das ging sogar so weit, dass Anbieter ihre eigenen Kunden nicht per E-Mail oder durch Links über günstigere Bezahlmöglichkeiten informieren durften, nachdem sie ein Abo im App Store abgeschlossen hatten.

Die EU erkannte darin einen Verstoß gegen EU-Regeln, die es Unternehmen verbietet, Verbraucher zu ihrem Vorteil und zum Nachteil der Verbraucher zu lenken (anti-steering-provisions). Apples Regeln für den App Store seien weder notwendig noch verhältnismäßig und benachteiligten Apple-Kunden und iOS-User. Diese seien nicht in der Lage, "fundierte und wirksame Entscheidungen darüber zu treffen, wo und wie sie Musikstreaming-Abonnements für die Nutzung auf ihrem Gerät erwerben".

Gründe für die Höhe der Strafe

Bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße berücksichtigte die Kommission die lange Dauer des Verstoßes (mehr als zehn Jahre), dessen Schwere sowie den Gesamtumsatz und die Marktkapitalisierung von Apple. Darüber hinaus habe Apple im Verlauf des Verfahrens falsche Angaben gemacht. 

Mit der hohen Strafe erhofft sich die EU-Kommission zudem eine Abschreckungswirkung zu erzielen, um Apple und andere vergleichbar große Unternehmen von ähnlichen Rechtsverstößen abzuhalten.

Klärung vor Gericht

Während die EU-Kommission in ihrer Erklärung die negativen Folgen von Apples Vorgehen für die Verbraucher betont, sieht Apple in der Entscheidung der EU einen Sieg für den Konkurrenten Spotify. 

In einer langen Mitteilung erhebt Apple den Vorwurf gegenüber der EU, sie habe die Strafe nur verhängt, um Spotify gegen die Konkurrenz von Apple zu unterstützen. Als Beleg verweist Apple darauf, dass es im Verlauf des Prozesses nicht weniger als 65 Treffen zwischen der EU und Spotify gegeben habe. Weiter erklärt Apple: 

"Der primäre Unterstützer dieses Urteils und der größte Gewinner ist Spotify, ein Unternehmen mit Sitz in Stockholm, Schweden. Spotify hat die größte Musik-Streaming-App der Welt und hat sich während dieses Verfahrens mehr als 65 Mal mit der Europäischen Kommission getroffen."

Apple erklärt zudem, dass die Entscheidung ohne jegliche Grundlage gefallen sei: 

"Die Entscheidung wurde getroffen, ohne dass die Kommission überzeugende Beweise für eine Schädigung der Verbraucher vorlegen konnte, und ignoriert die Realitäten eines florierenden, wettbewerbsfähigen und schnell wachsenden Marktes".

Aus diesen Gründen kündigt Apple an, die Strafe vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) anzufechten.

Spotify – der wahre Übeltäter?

Nach Apples Meinung ist Spotify der wahre Übeltäter auf dem Streaming-Markt. Das Unternehmen stelle mit über 50 Prozent Marktanteil ein Monopol dar und bediene sich gratis an Apple-Technologie, durch die Spotify überhaupt so erfolgreich werden konnte:

"Im Grunde geht es bei ihrer Beschwerde darum, dass sie [Spotify] versuchen, unbegrenzten Zugang zu allen Apple-Tools zu erhalten, ohne für den Mehrwert zu bezahlen, den Apple bietet."

Einseitige Argumentation

Indem Apple die Entscheidung als Ergebnis einer Kungelei zwischen der EU-Kommission und Spotify darstellt, vermeidet der Tech-Gigant auf die Vorwürfe der EU-Kommission näher einzugehen. Stattdessen behauptet Apple, es gäbe keine Beweise, dass Verbraucher benachteiligt würden, da der Markt für Musikstreaming den Verbrauchern mehr als genug Auswahl bieten würde.

Im gleichen Zug erklärt Apple aber, Spotify sei der mit Abstand größte Anbieter von Musikstreaming in Europa und dominiere den Markt. Auf diese Weise erscheint Apple Music als kleiner, benachteiligter Anbieter, obwohl Apple als Gesamtunternehmen weitaus größer ist als Spotify und Synergien nutzen kann, die Spotify nicht zur Verfügung stehen. 

Apples Methoden sind das Problem

Die Tatsache, dass die Argumente von Apple nicht schlüssig sind, zeigt sich auch daran, dass die EU-Kommission nie erklärt hat, dass es im Musikstreaming-Markt nicht genug Auswahl für Verbraucher gebe. Stattdessen wurde Apple von der EU-Kommission bestraft, weil es Konkurrenten verboten hat, die Nutzer von Apple-Geräten im App Store auf günstigere Preise hinzuweisen. 

Es geht also nicht darum, wie umkämpft der Musikstreaming-Markt ist, sondern darum, wie Apple mit dieser Tatsache in Hinblick auf die Nutzer seiner Geräte und seines Betriebssystems umgegangen ist.

In der langen Gegenrede von Apple finden sich auch ausführliche Erläuterungen zu den Kosten, die Apple für die Bereitstellung und Pflege des App Stores entstehen. Die EU-Kommission hat aber nicht vor, Apple zu verbieten, Gebühren für die Nutzung des App Stores zu erheben, sie stört sich an den Methoden, die Apple benutzt, um Gebühren zu maximieren.

Kritik nicht nur von Spotify

Wenn man Apples Statement liest, könnte man zudem den Eindruck erhalten, als habe sich lediglich Spotify über Apples App Store-Regeln und Gebühren beschwert. Das ist aber nicht der Fall. So streitet Epic Games seit Jahren mit Apple vor US-Gerichten.

Da in den USA die Vertragsfreiheit wesentlich stärker gewichtet wird und gleichzeitig Verbraucherschutz weniger ausgeprägt ist, unterlag Epic Games allerdings vor dem US Supreme Court.

App Store vor weiteren Veränderungen

Am 7. März tritt der von der EU beschlossene Digital Market Act in Kraft. Durch diesen wird Apple gezwungen, das iPhone für externe Anbieter zu öffnen und grundlegende Änderungen im App Store vorzunehmen. 

Schon jetzt häuft sich die Kritik an Apples Versuchen, einerseits den Digital Market Act nach außen zu befolgen, aber gleichzeitig die Auswirkungen auf sein Geschäftsmodell zu minimieren. Am Ende wird vermutlich der Europäische Gerichtshof entscheiden müssen.

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